In einer Vorlesung über Kunstgeschichte (zur Epoche des Historismus 1860-1895) hörte ich, dass das in den Gründerjahren reich gewordene Bürgertum seine Wohnzimmer repräsentativ und mit reichhaltigem Dekor in Imitation älterer Kunststile ausstattete, weil die Welt draußen - durch die Industrialisierung- hässlich geworden war.
Der Satz hat mich inspiriert, über Gegensätze wie innen und außen, schön und hässlich nachzudenken.
Was ist schön?
Was ist hässlich?
Ist ein überladenes Wohnzimmer im Stilmix der Jahrhunderte schön? Haben nicht auch Fabriken, Zechen oder Bohrtürme eine ganz eigene spezielle Ästhetik oder eine in der Dunkelheit beleuchtete Raffinerie einen eigenen Zauber und eine eigene Schönheit?
Vorurteile und unreflektierte Verallgemeinerungen leisten dem Schwarz-weiß-Denken Vorschub, auch wenn man immer wieder hört, Vorurteile seien Orientierungshilfen für das Alltagsleben.
Das in Kategorien-Denken wie gut/böse, schön/hässlich oder als Substantive Natur und Ökologie im Gegensatz zu Technik/ Architektur und Urbanität sollen Interpretationshilfen sein, aber ich glaube, sie blockieren eher durch Vereinfachungen und klischeehafte Bilder im Kopf.
„Die Natur hat zehntausend Farben, und wir haben es uns in den Kopf gesetzt, die Skala auf zwanzig zu reduzieren.“ (H.Hesse)
In meinen Arbeiten habe ich versucht, Gegensätze zu vereinen und zu zeigen, dass es auch das „Sowohl als auch“ gibt.
Jeder Betrachter macht sich mit persönlichen Assoziationen und Vorurteilen sein eigenes Bild. Niemand kann objektiv und unvoreingenommen sein. Wichtig ist doch vor allem, dass uns Vorurteile bewusst sind.
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Hanna Malzahn
Mischtechnik/Acryl