Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration entstand 1938 in Dänemark während Brechts Emigration. Das Gedicht wurde erstmals 1939 in Moskau in der Zeitschrift Internationale Literatur (Heft 1, S. 33 f.) veröffentlicht, nachdem die Exilzeitschrift Maß und Wert eine Veröffentlichung abgelehnt hatte.
Die im Gedicht geschilderte Anekdote war schon Gegenstand eines kurzen Prosastücks Brechts gewesen (Die höflichen Chinesen), das 1925 im Berliner Börsen-Courier erschienen war. Der Autor nahm das Gedicht 1949 auch in seine Kalendergeschichten auf; hier ist Die unwürdige Greisin die komplementäre Erzählung.
Das Gedicht erzählt, wie der Weise Laotse im hohen Alter seine Heimat verlässt, weil er mit den Zuständen dort nicht einverstanden ist.
„Als er siebzig war und war gebrechlich
Drängte es den Lehrer doch nach Ruh
Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich
Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.
Und er gürtete den Schuh.“
Er packt seine wenige Habe zusammen und auf einem Ochsen reitend, der von einem Jungen geführt wird, verlässt er das Land.
Am vierten Tag wird er von einem Zöllner aufgehalten, der ihn zunächst fragt, ob er etwas zu verzollen habe. Laotse aber ist arm, was der Junge erklären kann: „Er hat gelehrt.“ Auf die Frage, was er denn „rausgekriegt“ habe, antwortet der Junge:
„Daß das weiche Wasser in Bewegung
Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt.
Du verstehst, das Harte unterliegt.“
Wer wen besiegt, weckt die Neugier des Zöllners, und er bittet den Weisen, seine Lehren niederzuschreiben. Innerhalb von sieben Tagen, in denen der Zöllner Laotse und dem Knaben Unterschlupf und Verpflegung gewährt, schreiben sie 81 Sprüche nieder, welche der Knabe dem Zöllner überreicht. Auf diese Weise entsteht das Buch Daodejing, quasi als Zoll. Am Ende steht neben dem Lobpreis des Weisen ein Dank des Sprechers an den Zöllner:
„Darum sei der Zöllner auch bedankt:
Er hat sie [die Weisheit] ihm abverlangt.“